Heinz Braun, Boxer im Ring, 1984, Mischtechnik mit Erde/ Papier, 75 x 68,7 cm © Alexander Braun
Heinz Braun, Liebesüberredung - Selbstbildnis als Heiliger Sebastian, 1984, Mischtechnik mit Buntstift/ Spanplatte, 105 x 73 cm © Alexander Braun
Heinz Braun, Bei Alling, 1981, 66 x 82 cm, Mischtechnik mit Erde/Spanplatte © Alexander Braun

Die Erde verreistBilder und Zeichnungen von Heinz Braun (1938-1986)

06.10.-12.11.2023 im Holbeinhaus

Im Werk von Heinz Braun tritt ein Teil der bayerischen Kulturlandschaft der 1960er, 70er und 80er zu Tage. Explizit das Leben in den Künstler:innenkreisen um München herum ist in seinen Bildern und Zeichnungen spürbar. Die Arbeiten des Autodidakten zeugen von Zusammenkünften mit Malerkolleg:innen und Bekannten, verweisen auf seine Schauspielertätigkeit in einer Reihe von Filmen Herbert Achternbuschs und sind stets Auseinandersetzungen mit sich selbst.

Jürgen Serke, ein Journalist des Stern, hörte Heinz Braun an einem Abend in seinem Atelier sagen: „Die Erde verreist, ich muss sehen, wie ich auf die Arche komme“. Dieses Zitat, auch Titel der Ausstellung, spiegelt zum einen Heinz Brauns phantasievolle, sprunghafte, eigenwillige Persönlichkeit wider, zum anderen bringt es den Kampf gegen den Kehlkopfkrebs in seinen letzten Lebensjahren zum Ausdruck.

Die Ausstellung lädt dazu ein, in ein bayerisches Künstlerleben einzutauchen, das in den 1970er und 80er Jahren seinen Mittelpunkt westlich von München hatte und mit Ängsten, Schwierigkeiten, Hochgefühlen und Sehnsüchten, aber auch mit vielfältigen Fragen rund um das Künstlerdasein beschäftigt war.

Eine Ausstellung der Kunstsammlungen & Museen Augsburg im Holbeinhaus. Ausstellungskuratorin: Julia Holzmann

Öffnungszeiten: Di–So 10–17 Uhr; Eintritt frei.


Am Samstag, 11. November, ist die Ausstellung ab 10 Uhr bis 22 Uhr durchgängig geöffnet. Herzliche Einladung zur Finissage um 19 Uhr!
Wir freuen uns sehr auf den Auftritt der Band Hadern an diesem Abend! Die Münchner Band hatte bereits die Vernissage musikalisch begleitet.
Mehr Informationen finden Sie hier. 

Vorführung des Filmessays in der Ausstellung, Sonntag, 12. November, 11 Uhr
Bilder aus dem Notfallkoffer – Der Maler Heinz Braun
(2022, R+B+K+S: Bernt Engelmann, Gisela Wunderlich, 92 Min.)

Die Erde verreist – Der Briefträger, Schauspieler und Maler Heinz Braun Ein Text von Alexander Braun, 2023

37 Jahre nach dem Tod meines Vaters 1986 findet das Werk meines Vaters nun auch in Augsburg seine Würdigung. Die Ausstellung zeigt einige seiner bedeuteten Arbeiten, beileibe nicht alle. Als ich, sein einziger Nachkomme, mit viel detektivischer Arbeit sein Werkverzeichnis, www.braunheinz.de, schuf, zeigte sich zu meiner Überraschung ein noch viel umfangreicheres Werk, als jemals vermutet, es dürfte bei ca. 800 Arbeiten liegen.

Als Sohn hatte ich oft bei der Entstehung seiner Werke mit dabei sein dürfen. Ich durfte besser gesagt sogar in gewisser Weise mitwirken. So musste oder durfte ich Kuhmist und Erde von umliegenden Ackern beschaffen und mein Vater platzierte diese dann in Verbindung mit einem Bindemittel auf dem Maluntergrund. Es entstanden pastöse Bilder, welche auch gleich bestens konserviert waren. Der Kuhmist härtet nach kurzer Zeit mit der Farbe aus.

Landschaften in Bayern waren damals seine bevorzugten Motive. Die Verbundenheit zur Natur spielte immer eine große Rolle. Ob in den Landschaftsbildern oder den Filmen von Herbert Achternbusch. Vor ein paar Jahren empfing dieser mich freundlich und hatte meinen Vater noch sehr positiv in Erinnerung: "Der Heinzi, des war mei Lieblingsschauspieler".

Mein Vater war in München äußerst bescheiden aufgewachsen. Sein Vater war wenig auf die Familie fokussiert. Meine Großmutter war dann, aufgrund der quasi Alleinerziehung  und ihrer Arbeit als Schneiderin und dann als Hauswirtschafterin, überbelastet. Es war eine jüdischen Familie, bei der sie arbeitete, bis diese von der Gestapo abgeführt wurde. Ihrer Erzählung nach, sagte mein Vater am Münchner Hauptbahnhof dann zu einem uniformierten Halbwüchsigen, "du Hitlerjugendsau". Sie musste sich in einem Verhör rechtfertigen.

Die Arbeit als Postbote war für meinen Vater schwierig und durchwachsen. Es kam vor, dass er die auszuliefernden Pakete bemalte oder seine Postzustellung unterbrach, um die Staffelei aufzustellen und den oder die Empfängerin vor der Haustüre zu porträtieren. Dies kam bei den Porträtierten gut an. Bei der Post brachte es ihm aber einige Disziplinarverfahren ein.

Nachdem die Presse und renommierte Münchner Galerien auf ihn aufmerksam geworden waren, besuchten ihn viele Kunstliebhaber in seinem Atelier im Schusterhäusl, einer bei Germering gelegenen Waldwirtschaft, und später auch in seinem, von der Stadt Dachau überlassenen, Atelier.

Einmal stand dort ein Augsburger Kunstsammler vor der Tür. Er hatte drei Stück seiner selbstgebackenen Kuchen dabei und erzählte, dass er ein bekannter Konditor aus Augsburg sei und dort eines der bekanntesten Kaffees führe. Von meinem Vater hatte er in der Zeitschrift „Stern“ gelesen. Prompt erwarb er fünf Arbeiten für seine Kunstsammlung, die er nach ein paar Tagen gegen andere austauschen wollte, worauf ihn mein Vater aus dem Atelier rausgeschmissen hat.

Ruhm und Erfolg waren aber nicht wesentlich für meinen Vater. Schon gar nicht die materiellen Dinge. Mehr interessierten ihn die zwischenmenschlichen Erlebnisse und Erfahrungen und diese auch mit seiner eigenen Person. Das brachte er dann auf Leinwand oder auf Papier, bis er sich zunehmend mit seiner Krebserkrankung in seinen Bildern auseinander gesetzt hat und dieser Krankheit viel zu früh erlag.